Ein Report der amerikanischen Association for Research Libraries (ARL) mit dem Titel "New Roles for New Times: Transforming Liaison Roles in Research Libraries" ist im August 2013 erschienen. Eine deutsche Übersetzung des schönen Begriffs „Liaison Librarian“ ist nicht einfach, vielleicht bibliothekarischeR FachspezialistIn. Beschrieben werden in dem Report jedenfalls gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen und Aufgaben, die im deutschen Bibliothekswesen bisher von Fachreferentinnen und Fachreferenten an Bibliotheken erwartet werden, aber sicher nicht auf diese zu beschränken sind.
So gefällt mir die Verschiebung zum Begriff des "functional specialist" sehr, die im Abschnitt "Trend 2: A hybrid model of liaison and functional specialist is emerging" beschrieben wird. Denn damit werden im Bereich der Hochschulbibliotheken in den letzten Jahren verstärkt zu beobachtende Bereiche von Services im Bereich Publizieren (Beispiel Webseite der TUHH-Bibliothek), aber auch von Forschungsdaten und bei der Entwicklung der Wissenschaftskommunikation insgesamt berücksichtigt. Beispiele von Bibliotheken im letzten Bereich stammen u.a. von der TIB in Hannover (Open Science Lab) und der ZBW in Hamburg bzw. Kiel (ZBW Labs), die beide auch beim Forschungsverbund Science 2.0 mit dabei sind.
Diese "functional specialists" bieten Services
"as ’superliaisons‘ to other librarians and to the entire campus. Current specialist areas of expertise include copyright, geographic information systems (GIS), mediaproduction and integration, distributed education or e-learning, data management, emerging technologies,user experience, instructional design, and bioinformatics. This dedication of resources to specific areas of proficiency is an indicator of arenas in which research libraries are assuming leadership, or at least well-defined partnership roles on campus. Libraries are identifying gaps in the services required to support teaching, learning, and research, and are responding in new and critical ways." (S. 7)
Es tut sich also etwas im Bereich der Personalentwicklung an Hochschulen. In seinem Beitrag mit dem Titel „Der Third Space als Handlungsfeld in Hochschulen: Konzept und Perspektive“ (In: Barnat, M., Hofhues, S., Kenneweg, A. C., Merkt, M., Salden, P. & Urban, D. (Hrsg.): Junge Hochschul- und Mediendidaktik. Forschung und Praxis im Dialog. Hamburg 2013, S. 27-36) beschreibt Peter Salden, der im Zentrum für Lehre und Lernen an der TU Hamburg-Harburg tätig ist, einen Bereich, in dem "die Grenzen zwischen Verwaltung und Wissenschaft" (S. 27) verschwimmen.
Dieser „dritte“ Bereich zwischen dem Administrativen und dem Akademischen "entstehe bei Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen" und agiere als „Übersetzer“ (S.30), wie es in dem theoretisch-konzeptionellen Teil über „das Dritte“ im Aufsatz heisst. Peter Salden diskutiert in seinem Beitrag aber auch deutlich Herausforderungen des Third Space an Hochschulen. Hier tauchen Sätze auf, die auch für das Fachreferat in Bibliotheken gelten können, wie
"Wenn der Third Space gegenüber der klassischen Verwaltung tatsächlich etwas Anderes sein soll, dann muss auch die konkrete Arbeitsweise eine andere sein. Dazu gehören kreatives und strategisches Arbeiten, nach verbreiteter Auffassung aber auch Wissenschaftlichkeit […]. Third Space-Beschäftigte müssen demnach die Bereitschaft mitbringen, ihre eigene Tätigkeit wissenschaftlich zu reflektieren und diese Ergebnisse der wissenschaftlichen Diskussion zur Verfügung zu stellen. […]
Derartige Tätigkeit – die ihren Ausdruck z.B. in Vorträgen und Aufsatzpublikationen finden kann – sollte aber nicht als Privatvergnügen, sondern als Teil der Personalentwicklung verstanden werden. Dies kostet die Hochschulen über die Einräumung von Zeitfenstern hinaus wenig, bedeutet im Gegenzug aber die Erhöhung der Qualität der Arbeitsergebnisse (und nebenbei auch die Sichtbarkeit der eigenen Institution sowie die akademische Glaubwürdigkeit im Inneren)." (S. 34-35)
Aus meiner Sicht sind Bibliotheken bzw. manche in Bibliotheken Arbeitende unbedingt ein Teil dieses "Third Space" bzw. sollten dies sein. Gerade aktuelle Entwicklungen – wie am Anfang dieses Beitrags beschrieben – demonstrieren dies deutlich. Aber auch Entwicklungen wie Dienstleistungs-Kooperationen z.B. an der Leibniz-Universität Hannover im Bereich Lernraum aber auch im Kleinen bei der Durchführung eines Seminars zum „Wissenschaftlichen Arbeiten" (Begleitender Blog) an der TUHH belegen dies. Letzteres wird federführend von der TU-Bibliothek in Kooperation u.a. mit Kolleginnen vom FinishING-Projekt (vormals Endspurt) der Studienberatung der TUHH und von der TU-Arbeitsgruppe Arbeit-Gender-Technik (M-1) durchgeführt. Im Optimum sind Bibliotheken zudem Teil des im Aufsatz erwähnten "Third place", "nach dem first place (= das Zuhause eines Menschen) und dem second place (= der Arbeitsplatz eines Menschen) [als …] öffentlichen Orte informellen Beisammenseins (Cafés, Kneipen…) […]" (S. 31).