Zur Bibliothek der Zukunft

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Statements 1995

Alle Teile des heutigen Systems wissenschaftlicher Kommunikation, Bibliotheken, Verlage, Datenbankhersteller, Leser und Autoren, die Medien Buch und Zeitschrift, aber auch rechtliche Grundlagen (Copyright) werden angesichts der zu erwartenden und teilweise schon stattfindenden elektronischen Revolution in Frage gestellt und muessen neu definiert werden. Zur Zeit sind die Bibliotheken noch die hauptsaechlichen Lieferanten fuer Informationen fuer die Wissenschaften. Schon bald wird die Bibliothek nur noch einer unter mehreren Informationslieferanten sein.

Definiert man Bibliothek als "Sammlung von Informationsquellen an einem Ort", so bleibt diese Definition wohl auch in der Zukunft gueltig. Bibliotheken werden weiterhin konventionelles Bibliotheksgut sammeln, erschliessen und fuer die Benutzung zur Verfuegung stellen, darueber hinaus aber auch Zugaenge zu diversen anderen in der Regel elektronischen Informationsmitteln ausser Haus anbieten muessen. Neben Auswahl und Bewertung muss dabei auch die Schulung dieser neuen Medien durch die Bibliotheken geleistet werden. Dabei bestimmt der Ort der Bibliothek und damit die Nutzer der Bibliothek, welche Auswahl oder z.B. auch welche Art der Schulung erfolgt.

Die sich abzeichnende Informationsexplosion - auch eine Folge heutiger Wissenschaft mit ihren vielfaeltigen Methoden, Theorien und Meinungen in sich immer weiter verzweigenden Disziplinen -bedeutet aber nicht unbedingt gleich ein mehr an Information. Einerseits wird Information zunehmend zur Ware und kostet damit Geld, was manchen von vornherein von der Information ausschliesst, andererseits wird heutzutage nicht nur mehr Information, sondern mehr relevante, genaue, ueberpruefte Information gesucht: deren Bereitstellung ist fuer mich auch eine Aufgabe fuer die Bibliothek der Zukunft.

Es wird zu einem Paradigmenwechsel in den Bibliotheken kommen, vom Besitz zum Zugang, oder wie ich es in der englischsprachigen Literatur gefunden habe, "from landlord to tenant", vom Gutsherr zum Paechter. Bibliotheken erwerben ihre Information nicht mehr wie bisher in Form von Buch oder Zeitschrift als Besitz, sondern bieten nur noch den Zugang zu den elektronischen Medien an, fuer die sie eine Lizenz erworben haben.

Zukuenftige Aufgabe fuer Bibliotheken ist es dann, den Benutzern zu helfen, die richtigen Fragen zu formulieren; Hilfe zur Selbsthilfe ist noetig, damit sich unsere Kunden im Informationsdschungel zurechtfinden. Aufgabe der Bibliothek ist die Organisation, Auswahl und Verfeinerung der kommerziellen Angebote durch Aufbereitung und Integration der zerstueckelten Informations-Landschaft, indem Informationen gesucht, bereitgestellt und bewertet werten, die sehr komplex oder sehr schwierig zu finden sind.

So wie heute die Bibliothek es den Wissenschaftlern abnimmt, wo welches Buch am schnellsten und billigsten zu bekommen ist, wird sie im guenstigsten Fall in der Zukunft den Service anbieten, wo und wie welche Informationen am guenstigsten hinsichtlich Preis und Zeit zu erreichen sind.

Es soll an dieser Stelle auch nochmals betont werden, dass die Entwicklung zur elektronischen Bibliothek zur Zeit neben oekonomischen Barrieren auch durch soziologische und psychologische verzoegert wird. Solange die Veroeffentlichung fuer den Wissenschaftler in einem angesehenem Printmedium mehr Reputation einbringt als in einem elektronischen Medium, solange die Autorenschaft eines elektronischen Textes schwierig zu kontrollieren ist, solange werden sich neue Publikationsformen nur relativ langsam durchsetzen.

Die viel diskutierte Frage der Rolle der Bibliotheken in der elektronischen Zukunft sehe ich relativ positiv. So steht in einem Aufsatz von Richard Sietmann in den Physikalischen Blaettern die AEusserung eines Physikers "Die Physiker werden zu faul sein, auf Dauer ihre Manuskripte auf Server zu legen und die Verfuegbarkeit zu garantieren... Bei solchen Service-Aufgaben tun die Physiker gut daran, sie anderen zu ueberlassen." Ob diese "anderen" Bibliotheken sind oder zumindest neue Institutionen, die ehemalige Bibliotheken beinhalten oder die aus Bibliotheken entstanden sind, haben wir selbst in der Hand.


Literaturhinweise

Da aktuelle Literatur zum Thema in der Regel elektronisch vorliegt und die gedruckten Volltexte in Deutschland wohl nur muehsam zu beschaffen sind, bietet ein tieferer Einstieg in die Materie durch die angegebene Literatur und die damit verbundene notwendige teilweise elektronische Beschaffung gleichzeitig auch eine Art Praktikum zur virtuellen Bibliothek. Hier einige der elektronischen Quellen:

Einfuehrungen zum Internet, die sowohl elektronisch als auch gedruckt vorliegen, sind z.B.

Mehrere Studien haben das heutige System wissenschaftlicher Kommunikation untersucht, z.B.

Literatur zum Thema "Elektronische Bibliothek" siehe auch: